Die Hauptstadt eignet sich bestens zum Leben, aber auch für einen Wochenendtrip. Dabei gibt es viel zu sehen und zu erleben. Wir haben einige spannende Berlin-Geheimtipps von einer Insiderin.
Heute verrät Silvia einige Berlin-Geheimtipps. Silvia lebt selbst schon lange in der Hauptstadt und ist Journalistin und Texterin. In ihrem Blog www.eckenberlins.com schreibt sie über Ecken, Menschen und Geschichten aus Berlin.
Was reizt dich persönlich so an Berlin?
Silvia: Seit 15 Jahren lebe ich hier und staune immer wieder über die Offenheit dieser Stadt. Menschen aus allen Ländern, Altersgruppen und Kulturen leben neben- und miteinander. Anders als in anderen europäischen Städten gibt es weder gefährliche Ghettos noch unerschwingliche Luxusviertel. Ureinwohner und Zugezogene, Künstler und Arbeiter, Familien und Studenten leben zum Teil wenige Meter voneinander entfernt. Ständig eröffnen neue Kneipen, Restaurants, Bühnen, Geschäfte. Alles wandelt sich sehr schnell. Dieses dynamische Gefühl mag ich am liebsten.
Wo kann man am besten das „Berlin-Gefühl“ erleben?
Silvia: Auf einer der vielen Wiesen und Parks an einem sonnigen Tag im Frühling, Sommer oder Herbst. Berliner sind Sonnenanbeter und strömen, sobald die Temperatur in den zweistelligen Bereich klettern, in die Grünanlagen mit Familien und Freunden. Dabei wird gekickt, gepicknickt, Musik gehört. Und egal wie man angezogen ist, findet man sofort Gleichgesinnte, sei es um Badminton zu spielen oder um gemeinsam an der Gitarre zu klimpern. Aber auch nachts lebt die Stadt, besonders in den zentralen Bezirken. Partygänger, Musiker, Nachtschwärmer, alle treffen sich in den U-Bahnhöfen, dabei wird die Stimmung selten aggressiv. Egal ob man Clubs mag oder nicht, allein eine nächtliche U-Bahn Fahrt am Wochenende gehört zu den Sachen, die man in Berlin gemacht haben soll.
Wo findet man einen kulinarischen Berlin-Geheimtipp?
Silvia: Außer der berühmten Berliner Currywurst gibt es kaum bekannte Berliner Gerichte, die sich in der Gastronomieszene durchgesetzt haben. Dafür findet man internationale Restaurants in Hülle und Fülle. Neben zahlreichen Vietnamesen, Italienern und Indern, sind auch Länder vertreten, deren Küche man sonst nicht so leicht findet. Zurzeit liegen koreanische Restaurants sehr in Trend. Eins von ihnen ist das „Juki“ in der Lychener Straße in Prenzlauer Berg. Die vegetarische und vegane Community ist hier in Berlin ebenfalls sehr stark vertreten, das spiegelt sich in der Gastronomielandschaft wieder. Im Bio-Fastfood „Yellow Sunshine“ in der Wiener Straße (Kreuzberg) bekommt man so krosse, saftige vegane Burger, dass man das Fleisch auf keinen Fall vermisst. Wer dagegen auf orientalische Speisen jenseits von Döner steht, sollte entweder „Al Andalos“ in der Sonnenallee (Neukölln) oder „Babel“ in der Kastanienallee einen Besuch abstatten. In beiden Imbissen findet man hausgemachte, würzige Scharwamas und Hummus zu unschlagbaren Preisen.
Welche Sehenswürdigkeiten in Berlin sind wirklich sehenswert, welche nicht und welche sind echte Geheimtipps?
Silvia:Sehr bekannte Sehenswürdigkeiten wie das Brandenburger Tor, der Fernsehturm, der Reichstag oder der Checkpoint-Charlie sind sehr touristisch geprägt und nicht selten überfüllt. Ich würde nicht behaupten, dass es sich nicht lohnt, diese Orte zu besuchen, jedoch gibt es auch wenig bekanntere Ziele, die einen Berlinbesuch bereichern können. Wer sich für Kunst interessiert, sollte dem Museum „Die Brücke“ in der Clayallee (Dahlem) einen Besuch abstatten. Hier befinden sich viele Werke der Berliner Künstlervereinigung, deren berühmtesten Mitglieder Ernst Ludwig Kirchner und Karl Schmidt-Rottluff waren, die um die vorletzte Jahrhundertwende ihren Höhepunkt erlebte. Wer sich mehr für die Geschichte des Kalten Krieges interessiert, bekommt im Stasimuseum in Höheschönhausen Zeitzeugen, das sich auf dem ehemaligen Gelände der Zentrale des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR befindet, eine Vorstellung des staatlichen Überwachungssystems in der DDR.
Was für Veranstaltungen in Berlin gibt es, die sich lohnen, die aber wenig bekannt sind?
Silvia: Neben der weltberühmten Berlinale gibt es viele kleine Filmfestivals, die über das Jahr verteilt stattfinden und Werke von aufstrebenden Regisseuren zeigen, die sonst wenig Chancen haben, im Kino zu landen. „Kiezkieken“, „achtung Berlin“, „COFFI Italian Film & Art Festival“ sind nur einige davon. Musikalisch ist im Sommer wie im Winter auch immer was los. Dieses Jahr findet im September zum zweiten Mal das Lollapalooza Festival auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens in Tempelhof statt. Hier findet man eine interessante Mischung aus Musik und Kunst. Auch die Fete de la Musique, die jedes Jahr am 21. Juni stattfindet, ist ein musikalisches Highlight. Die Stadt verwandelt sich in eine riesige Open-Air Bühne und überall spielen Bands und Solokünstler aus allen Richtungen, von Jazz zu Rock und Hip Hop.
Was sind Berlin-Geheimtipps für Familien?
Silvia: Im Sommer lohnt es sich für Kinder und ihre Eltern, einen der vielen Parks der Hauptstadt aufzusuchen. Vom Volkspark Friedrichshain mit seinem Märchenbrunnen zum wilderen Volkspark Prenzlauer Berg bis hin zum Bürgerpark Pankow mit seinem Rosengarten, kann man hier kleine und große Spielplätze, Biergärten und Cafés finden. Bei schlechtem Wetter empfiehlt sich ein Besuch ins Aquarium (neben dem Zoologischen Garten) , eins der größten in Deutschland, oder ins Technikmuseum (am U-Bahnhof Gleisdreieck), wo auf mehreren Etagen die Geschichte der Eisenbahn, der Luft- und Schifffahrt und der Kommunikationstechnik anhand von historischen Modellen und Exponaten erzählt werden.
Welche kulturellen Highlights sind in der Hauptstadt besonders sehenswert?
Silvia: Berlin hat eine große Anzahl an Theatern, die ein breites Spektrum an Geschmacksrichtungen bedienen. Für Brecht-Liebhaber ist ein Abend im Berliner Ensemble Pflicht, an dem seine Werke sehr treu wiedergegeben werden. Wer auf moderneres, auch provokatives Theater steht, ist bei der Volksbühne richtig. Gesellschaftskritische Stücke und sogenanntes Migrantentheater findet man eher im Gorki Theater oder im Ballhaus Naunystraße. Varieté-Liebhabern zieht es eher in den Friedrichstadt-Palast. Neben diesen großen Häusern gibt es jedoch viele kleine, freie Bühnen, die von Comedy bis zum Ballett einiges bieten. Ich bin zum Beispiel öfters im Ballhaus Ost (Danziger Straße, Prenzlauer Berg) oder im Hebbel am Ufer in Kreuzberg. Wer auf Berliner Humor steht, sollte eine der vielen Lesebühnen aufsuchen, zum Beispiel die Surfpoeten, die sich jeden Mittwoch im Mauersegler (Bernauer Straße, Prenzlauer Berg) versammeln, oder die Brauseboys, die jeden Donnerstag in der Oudenardstraße (Wedding) anzutreffen sind. Zusätzlich zu der Lesung gibt es Livemusik.
Fazit: Man sieht, es gibt einige Berlin-Geheimtipps – auch fernab der bekannten Sehenswürdigkeiten. Allein viele Stadtteile sind einen Blick wert, aber es gibt auch in Hinblick auf Kultur, Events und für die Familie viel zu erleben.
Danke nochmal an Silvia für die ganzen Tipps!
Mein persönlicher „Geheimtipp“ beim letzten Berlin-Besuch war das Naturkundemuseum. Die Dinosaurierskelette waren schon wirklich beeindruckend. Vor allem der T-Rex und der riesige Pflanzenfresser in der Haupthalle.